Anmer­kun­gen eines Angekommenen

Aus­zug aus dem Buch:
Neu in Deutschland

Addis Mulu­ge­ta

Sie sind nicht Flücht­lin­ge, sie sind Menschen

Zuerst war man »Mensch« und hat­te von Geburt an eine unan­tast­ba­re Wür­de. So steht es auch im Grund­ge­setz der Bun­des­re­pu­blik Deutschland.
Jedes Leben ist kost­bar, jeder hat ein­zig­ar­ti­ge Eigen­schaf­ten. Jeder strebt nach einem Sinn für sein Leben und nach einer bes­se­ren Zukunft.
Als »Mensch« ist man vie­les: Vater, Mut­ter, Mann, Frau, Bru­der, Schwes­ter, Toch­ter, Sohn, Freun­din, Schü­ler, Stu­den­tin, Leh­rer, Ärz­tin, Mecha­ni­ker, Jour­na­lis­tin etc. Jede und jeder äußert ihre oder sei­ne Gefüh­le und Plä­ne, einen Traum vom Leben in ihrer oder sei­ner eige­nen Art und Wei­se, in der eige­nen Spra­che. Sie oder er sucht einen eige­nen Lebens­weg und prak­ti­ziert die eige­ne Kul­tur, Tra­di­ti­on und Reli­gi­on im ver­trau­ten Umfeld.
Dann ist man plötz­lich »Flücht­ling«. Man ver­liert alles, was man war oder hat­te, und sucht ein neu­es Zuhau­se in der Frem­de, so wie vie­le ande­re Suchen­de, alle, die nun­mehr in einer Not- oder Gemein­schafts­un­ter­kunft zusam­men­kom­men. Das Indi­vi­du­um ver­schwin­det hin­ter der ste­reo­ty­pen, de-per­so­na­li­sie­ren­den Bezeich­nung »Flücht­ling«. Und doch hat jeder von ihnen immer eige­ne Talen­te, eine eige­ne Geschich­te, sei­ne eige­nen Fer­tig­kei­ten, Erfah­run­gen und Vor­stel­lun­gen. Gar nicht weni­ge Flücht­lin­ge, die es nach Deutsch­land oder anders­wo hin ver­schlägt, waren in ihrem Hei­mat­land »Leis­tungs­trä­ger«. Jeden­falls war jede und jeder von ihnen ein »Jemand«, füll­te einen ganz beson­de­ren Platz aus, an dem sie oder er nun fehlt, hat­te eine Posi­ti­on in der Fami­lie, in der Nach­bar­schaft, in der Gesell­schaft, im Beruf. All dies ist plötz­lich weg, und alle bekom­men die glei­che Identitätsuniform.

Über das Buch:

Inhalt
Wie fühlt es sich an, sein bis­he­ri­ges Leben hin­ter sich zu las­sen? Mit wel­chen Erfah­run­gen, mit wel­chen Hoff­nun­gen, Zie­len und Wün­schen kom­men Men­schen nach Deutsch­land, die ihre Hei­mat aus einer Not­la­ge her­aus ver­las­sen muss­ten? Über 800.000 Asyl­an­trä­ge sind im Jahr 2015 und im ers­ten Halb­jahr 2016 in Deutsch­land gestellt wor­den. So wich­tig die Zah­len in der Debat­te um Flucht und Asyl sind, so wenig ver­ra­ten sie über die mensch­li­che Dimen­si­on und die Schick­sa­le hin­ter jedem ein­zel­nen Antrag. Die Tex­te und Foto­gra­fien die­ses Buches ver­su­chen sich der Per­spek­ti­ve der Geflüch­te­ten anzu­nä­hern. Addis Mulu­ge­ta beschreibt aus eige­ner Erfah­rung, wie es ist, sein Hei­mat­land ver­las­sen zu müs­sen und plötz­lich Flücht­ling” zu sein. Caro­li­ne von Eich­horn hat Geflüch­te­te beglei­tet und beschreibt in sie­ben Sze­nen das neue Leben, aber auch die Pro­ble­me und Ängs­te der Ankom­men­den. Dane­ben ent­hält die­ses Buch ins­ge­samt 67 Bil­der der Foto­gra­fen Johan­nes Arlt, Gor­don Welt­ers und Erol Guri­an, die im Win­ter 2015/​2016 in vier deut­schen Städ­ten Geflüch­te­te por­trä­tiert haben. Die­se hat­ten dabei Gele­gen­heit, ihre Wün­sche und Hoff­nun­gen in Brie­fen fest­zu­hal­ten, die eben­falls in die­sem Buch abge­druckt sind.

Autor: Addis Mulu­ge­ta /​Caro­li­ne von Eich­horn, Sei­ten: 208, Erschei­nungs­da­tum: 30.11.2016, Erschei­nungs­ort: Bonn, Bestellnr.: 1795

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